Eine wichtige Etappe der diesjährigen Dienstreise des KASA-Teams war die Teilnahme an der Alternative Mining Indaba (AMI) in Kapstadt vom 5. bis 8. Februar 2024. Aufgrund des dichten Programms in Namibia konnte das KASA-Team nur an den zwei letzten Tagen des AMI teilnehmen. Es war genug Zeit, um viele Vertreter:innen von Partnerorganisationen aus allen Ländern des Südlichen Afrika zu treffen, einige interessante Side Events zu besuchen und vor allem den letzten Tag zu erleben, bei dem eine schonungslose Evaluierung der gesamten Veranstaltung und die Verabschiedung der Abschlusserklärung.
Mining affected communities in den Mittelpunkt stellen
Seit Ihrer Gründung vor 15 Jahren als kritischer Raum parallel zur Mininig Indaba, auf die später eingegangen wird, verfolgt die AMI, die von Jahr zu Jahr mit Ausnahme der Corona-Jahre immer größer wurde, das Ziel, einen Beitrag zu einer besseren Verwaltung der Ressourcen zu leisten, damit die Menschen in den ressourcenreichen Ländern besser an den Gewinnen beteiligt werden und die negativen Auswirkungen der Bergbauaktivitäten minimiert werden. Auf der AMI versammeln sich Aktivist:innen, Entscheidungsträger:innen ebenso Vertreter:innen von zu Bergbau arbeitenden NGOs und von durch Bergbau betroffenen Communities. Dieses Jahr stand die AMI unter dem Thema „Energy Transition Minerals: Putting Communities first for an inclusive feminist future“. Ziel war es, die Botschaft zu vermitteln, dass afrikanische Gemeinden in Diskussionen über die Zukunft von Bergbau und Energie einbezogen werden müssen. Die Alternative Mining Indaba versteht sich von ihrem Selbstverständnis her als mehr als nur eine Konferenz. Sie will eine Bündelung afrikanischer Stimmen sein, die eine radikale Änderung der derzeitigen Praktiken in der Bergbauindustrie fordern. Diese charakterisieren sich durch einseitige Verträge zugunsten der Bergbaukonzerne auf Kosten der nationalen Regierungen und vor allem der Gemeinden, in denen Rohstoffe abgebaut werden.
Schulden trotz Rohstoffboom
Das KASA-Team nahm u.a. an einem vom Zimbabwe Coalition on Debt and Development (ZIMCODD), Center for Natural Ressource Governance (CNRG) und Zimbabwe Council of Churches (ZCC) am vorletzten Tag der AMI organisierten Side Event teil. Thema dieses Side Events war “Linking Debt, Critical Minerals and a just Energy Transition”. Alle Referent:innen vertraten simbabwische Organisationen, aber sie beschreiben Entwicklungen, die in vielen ressourcenreichen afrikanischen Ländern zu beobachten sind. Ausgangspunkt des Austausches in diesem Side Event war die Feststellung, dass in Simbabwe die Staatsschulden gegenüber ausländischen Kreditgebern immer besorgniserregender werden, während das Land den Abbau von immer mehr wertvollen und kritischen Ressourcen wie Gold und Lithium erschließt, die eigentlich die finanziellen Spielräume der Regierung deutlich verbessern sollte. Diese Diskrepanz wurde damit erklärt, dass zum einen Simbabwe Kredite aufnimmt, um Infrastrukturen zu bauen, die Investoren etwa in den Bereichen Transport und Energie brauchen. Zum anderen lässt sich die Regierung von Simbabwe auf intransparente Verträge mit ausländischen Konzernen ein, , von denen der simbabwische Staat offensichtlich nicht profitiert, wie die Auslandsschulden, die internen Schulden, die fehlenden Investitionen in Gesundheit, Bildung und in gemeinschaftsorientierte Infrastrukturen zeigen, die sowohl die parlamentarische Kontrolle als auch die Miteinbeziehung der betroffenen Communities außer Acht lassen Vom Rohstoffabbau profitieren die vom simbabwischen Militär gegründeten und kontrollierten Firmen, die Joint Ventures mit ausländischen Investoren bilden. Die Gewinne, die diese simbabwischen Firmen einfahren, entziehen sich größtenteils der Kontrolle des simbabwischen Fiskus. Diese Gewinne, darin waren sich die Beteiligten auf dem Podium dieses Side Events einig, bleiben vermutlich marginal, verglichen mit den Summen, die die simbabwischen Ressourcen auf dem Weltmarkt Wert sind. Ganz auf einem anderen Blatt stehen die mit diesen Ressourcen generierten Wertschöpfungsketten, die ihre Umsätze außerhalb von Simbabwe abwerfen. Das Militär setzt seine Macht direkt ein, um nicht nur überall, wo es ihm für den Rohstoffabbau notwendig erscheint, die Einwohner:innen zwangsumzusiedeln, sondern auch Proteste wegen schlechter Arbeitsbedingungen oder Umweltverschmutzung zu unterdrücken. Alle diese Vorwürfe sind nicht neu, sie reihen sich, auch in Simbabwe, in eine lange Liste von Praxen ein, die den mittlerweile ausgelaugten Fachjargon „Fluch der Rohstoffe“ immer wieder neu bestätigen.
Zur Deutungshoheit kritischer Rohstoffe
Erhellend an diesem Side Event war die vehemente Kritik am Begriff „Critical row materials“. Eine Podiumsteilnehmerin fragte nach, wer das Recht habe, bestimmte Ressourcen als kritisch einzustufen und andere nicht, nach welchen Kriterien und wessen Interessen dies erfolge. Für sie seien Lithium, Platin und seltene Erden, deren Nutzung und Wertschöpfung nicht von den Communities kontrolliert werden, in denen sie abgebaut werden, für Letztere nicht kritisch. Kritisch dagegen aus der Perspektive dieser Communities sind Land, Wälder und Wasser, von denen sie direkt leben und denen sie für den Abbau von Ressourcen entrissen werden, die aus einer imperialen Weltsicht als kritisch definiert werden. Dies zeige, warum es zentral sei, die von Bergbau direkt betroffenen Gemeinschaften konsequent an der Entwicklung eines zeitgemäßen Regulierungsrahmens für den Bergbausektor zu beteiligen. Bei dieser Beteiligung ginge es nicht darum, das Augenmerk in erster Linie auf die Förderung eines menschenrechtskonformen und umweltverträglichen Ansatzes für eine Energiewende in anderen Teilen der Welt zu legen. Es würde auch nicht genügen zu betonen, dass der Bergbausektor der nationalen Wirtschaft zugutekommen und zu einem breiteren Wirtschaftswachstum beitragen solle. Es ginge um die Schaffung von Räumen, in denen lokale Communities artikulieren können, dass sie andere Bedürfnisse haben können als die Energie- oder Mobilitätswende in anderen Ländern.
AMI unter Druck
Wie bereits erwähnt, hat die AMI den Anspruch, mehr als nur eine Konferenz zu sein und die Stimmen lokaler Gemeinschaften und kritischer NROs für konkrete Veränderungen im Sinne der Begrenzung der Macht der Bergbaukonzerne zu kanalisieren. Dies unterscheidet sie von der Mining Indaba, die in erster Linie die Kapitalisierung und Entwicklung von Bergbauinteressen in Afrika im Blick hat. Sie will die Attraktivität der afrikanischen Bergbauindustrie zeigen, Bergbauunternehmen mit führenden Investoren verbinden. Viele Forderungen kritischer NROs und lokaler Gemeinschaften werden in diesem Kontext als mögliche Hürden gelesen, die potenzielle Investoren abschrecken können. Aus diesem Grund wird sorgfältig darauf geachtet, dass symbolisch einige internationale Nichtregierungsorganisationen eingeladen werden, damit niemand behaupten kann, dass die Zivilgesellschaft ausgeschlossen werde. Interaktionen mit Communities werden auf ein striktes Minimum reduziert. Bei der Mining Indaba 2024 gab es nur ein Forum, das vom International Council on Mining and Metals organisiert wurde, an dem die Teilnahme von Gemeindevertreter:innen auf Einladung möglich war. Dies versucht die AMI anders zu machen. Sie versucht, neben professionellen NGOs so viele Community-Vertreter:innen, wie es die Finanzen ermöglichen, zu beteiligen. Dieser so geöffnete Raum wurde in den letzten Jahren stark genutzt und Community-Vertreter:innen entwickelten im Laufe der Jahre eine Erwartungshaltung, die den Organisator:innen der AMI zum Verhängnis wird. Dies wurde in der Sitzung am letzten Tag, die dem Verlesen der Abschlusserklärung vorausging, deutlich spürbar. Viele Vertreter:innen der vom Bergbau betroffenen Gemeinden äußerten ihre Frustration darüber, dass aus den AMI-Beschlüssen der vergangenen Jahre nichts wurde und dass sie auch in diesem Jahr aus der AMI nichts Greifbares für die Probleme ihrer Communities, die große Hoffnungen in sie setzen, ziehen können. Beim genaueren Zuhören wurde deutlicher, dass sie sich von Anfang an erhofften, dass die AMI eine Synergie entfaltet, die den Communities im Blick auf den sie betreffenden Bergbausektor mehr Präsenz und Mitsprachrecht in Entscheidungsfindungsprozessen verschafft. Sie stellen fest, dass eine verbindliche Miteinbeziehung der Perspektiven der Gemeinschaften nicht einmal gegenüber der Mining Indaba gelingt, die zeitgleich mit der AMI nur ein paar Kilometer entfernt stattfindet. Die Frustration darüber bekamen die Verantwortlichen in diesem Jahr zu spüren. Darauf wird die AMI in Zukunft eine Antwort formulieren müssen, denn viele Vertreter:innen von Communities wollen sich mit einem festen und prominenten Platz am Tisch nicht zufrieden geben. Sie wollen, dass ihre Teilnahme und ihre Perspektiven Wirkung zeigen. Gelingt es der AMI nicht, diese Erwartungshaltung ernst zu nehmen und die daraus resultierenden Frustrationen zu kanalisieren, könnte sie sie Drohung einiger dieser Gruppen zu spüren bekommen, die deutlich artikulierten, keine Lust mehr auf „Talk Shows“ zu haben. Dann hätten sie das gleiche Problem wie die Mining Indaba, bei der es ohne Zweifel viel um Engagement mit Communities geht. Diese fehlen aber in all den Räumen, in denen über sie gesprochen wird. Dies kann die African Mining Indaba besser verkraften als die Alternative Mining Indaba.