Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

Umstrittenes Versöhnungsabkommen: In Namibia bahnt sich eine konfrontative Entscheidung

Das am 15. Mai 2021 durch die Sonderbeauftragten der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Namibia paraphierte Versöhnungsabkommen unter dem vielversprechenden Titel „Vereint im Gedenken an unsere koloniale Vergangenheit, vereint im Willen zur Versöhnung, vereint in unserer Vision für die Zukunft“ polarisiert die namibische Gesellschaft nach wie vor. Unmittelbar nach der Paraphierung lehnten Vertreter:innen der Ovaherero und Nama das Versöhnungsabkommen ab, weil es ohne ihre Beteiligung zustande kam und Formulierungen enthält, die einer Relativierung der kolonialen Verbrechen gleichkommen. Über diese Gruppen hinaus kritisierten oppositionelle Parteien und sogar einzelne Mitglieder der Regierungspartei SWAPO das Abkommen als verpasste Chance für die Heilung der deutsch-namibischen Beziehungen. Die Stimmung im Lande war so angespannt, dass eine Unterzeichnung dieses Versöhnungsabkommens nicht möglich war. Sie beruhigte sich, als zwischendurch der Eindruck entstand, dass Namibia neue Verhandlungen verlangen würde. In den letzten Wochen hat sich die Stimmung wieder zuspitzt, weil die Regierung Namibias in vielen Stellungnahmen signalisiert hat, auf der Grundlage des paraphierten Abkommens den nächsten Schritt zur Versöhnung einleiten zu wollen, was den Besuch einer deutschen Delegation in Namibia für die offizielle Unterzeichnung des benannten Abkommens beinhalten würde. Die Gegner:innen dieser Vereinbarung verlangen, dass das Parlament die Gelegenheit erhält, sich offiziell damit auseinanderzusetzen. Darüber hinaus wollen sie gegen das Abkommen mobilisieren und, wenn nötig, auch den Gerichtsweg gehen, um die Unterzeichnung dieses Abkommens durch die Regierung zu verhindern. Diese neue Bereitschaft der namibischen Regierung, sich auf dieses umstrittene Abkommen einzulassen, ist auch eine Resignation gegenüber der „neuen“ deutschen Regierung, die signalisiert hat, die Verhandlungen nicht neu öffnen zu wollen. Dies geht aus der noch nicht veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Sevim Dağdelen und der Fraktion DIE LINKE vom 19.07.2022 hervor.

Eine Reaktion vom Vorsitzenden der Ovaherero Genocide Foundation Nandi Mazeingo auf die deutsche Position finden Sie hier:

https://www.eaglefm.com.na/news/german-genocide-apology-rejected-before-it-arrives-genocide-foundation/

Die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke finden Sie unter: https://dserver.bundestag.de/btd/20/027/2002799.pdf

Die KASA hat die jetzigen Entwicklungen kommen sehen und hat deswegen die deutsch-namibischen Beziehungen zum Thema der diesjährigen „Afrika neu denken“ Konferenz gemacht, die in Kooperation mit Frankfurter Organisationen am 14.10. in Frankfurt am Main durchgeführt wird.

Mehr zu dieser Konferenz finden Sie unter: Kolonialismus, Reparationen, Normalisierung? Deutsch-namibische Beziehungen. - KASA.