Was wäre das Engagement der Werkstatt Ökonomie für wirtschaftliche, soziale und ökologische Gerechtigkeit ohne Bildungsarbeit? Vermutlich nur halb so wirksam. Darum bieten wir regelmäßig Workshops für Schulklassen im Globalen Klassenzimmer im Welthaus Heidelberg an, um auch Jugendliche für globale Missstände zu sensibilisieren, zu einem Perspektivwechsel anzuregen und sie zu ermutigen, Verantwortung für ihr Handeln im Hinblick auf die globalen Herausforderungen unserer Welt zu übernehmen.
Mit dem von der KASA konzipierten Workshop „Fiese Früchtchen“ wollen wir auf die schlechten Arbeits- und Lebensbedingungen südafrikanischer Farmarbeiter:innen aufmerksam machen und reflektieren, welche wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen unser Konsumverhalten auf Mensch und Umwelt am anderen Ende der Lieferketten haben. Auch unser Workshop „Ausbeutung inklusive“ befasst sich mit menschenunwürdigen Arbeits- und Lebensbedingungen und der Verantwortung von westlichen Unternehmen für globale Lieferketten, am Beispiel des Massakers von Marikana, bei dem 34 Minenarbeiter bei einem friedlichen Streik für höhere Löhne getötet wurden.
Dabei erwerben die Schüler:innen auch eine Menge Hintergrundwissen über die Projektländer der KASA. Was war nochmal Apartheid? Welche Länder waren deutsche Kolonien? Und wer war Nelson Mandela - ein Influencer? Eindringlicher als bloße Fakten gehen die Geschichten und Bilder der Witwen von Marikana unter die Haut, anhand deren Beispiele die Schüler:innen einen Einblick in die Lebenssituationen und Wünsche der Hinterbliebenen nach dem Marikana Massaker erhalten. Die selbstgemalten Bilder der Witwen lösen nicht selten schockierte Reaktionen und Mitgefühl aus, selbst der Klassenclown wird dann still.
In den Workshops stoßen wir immer wieder auf Interesse und Betroffenheit der Jugendlichen, die sich zuvor in der Schule kaum mit solchen Themen auseinandergesetzt haben. Ihre selbst erarbeiteten Ideen für mögliche Lösungsansätze zeigen die Vielzahl an Handlungsspielräumen auf, in denen sich auch Jugendliche engagieren können. Dennoch fällt uns dabei auf, dass die Schüler:innen ihre Einflussmöglichkeiten eher auf ihr Konsumverhalten beschränken und sich ihrer politischen Handlungsmöglichkeiten oft nicht bewusst sind. Sie verstehen sich also eher als Konsument:innen, denn als politische Akteur:innen.
Ebenso wird sichtbar, dass entwicklungspolitische Bildungsarbeit im Bildungssektor leider stark vernachlässigt wird und noch großen Spielraum bietet. Darum arbeiten wir stets an der Entwicklung weiterer Angebote, um ein verantwortungsvolles Handeln junger Menschen im Kontext der aktuellen globalen Herausforderungen zu fördern. So entsteht beispielsweise gerade ein neues Workshop-Konzept zur Reflektion unseres Afrikabildes und der Reproduktion von Ungleichheiten durch aktuelle Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Regionen. Außerdem ist Bildungsmaterial über den Genozid im damaligen Deutsch-Südwestafrika (heute Namibia) während der Jahre 1904-1908 in Planung, der im deutschen Geschichtsunterricht bislang selten thematisiert wird, im Hinblick auf Versöhnungsabkommen und Reparationen aber nicht vergessen werden darf.