Swasiland
Füttert man eine Internetsuchmaschine mit „Swasiland“, so wird die letzte absolute Monarchie Afrikas meist in einem Zuge mit Südafrika genannt. Umschlossen von dem großen Bruder ist das Land des König Mswati III. kaum ohne diesen lebensfähig. Schaut man jenseits der für europäische Reisende so überaus reizvollen – weil „exotisch“ und „ursprünglich“ anmutenden – Kultur, so zeichnet sich ein ganz anderes Bild ab: Auf der einen Seite ein König und seine Familie, die das Land ohne Skrupel finanziell ausbluten und dabei die monarchische, religiöse und traditionelle Kultur des Landes schamlos für ihre eigenen Zwecke manipulieren und auszunutzen wissen. Auf der anderen Seite eine Bevölkerung, die überwiegend auf dem Land lebt, den Klimaschwankungen ausgesetzt ist und hin und hergerissen wird von ihrer Loyalität zur traditionellen Struktur und der Loyalität für die Zukunft ihrer Kinder. Hier ein Leben in absolutem, fast schon obszönem Überfluss, dort eine Leben am Existenzminimum. Sieben von zehn Menschen in Swasiland leben von weniger als zwei USD am Tag und vier von zehn sind am Verhungern. Jede Kritik wird unter Androhung von Strafverfahren bereits im Keim erstickt und Menschenrechtsverletzungen sind an der Tagesordnung.
2018 wird für Swasiland ein ereignisreiches – und teures - Jahr, denn König Mswati III. feiert seinen 50. Geburtstag und Swasiland seine 50jährige Unabhängigkeit. König Mswati III. hatte in seiner Herrlichkeit beschlossen, den Namen des Landes in eSwatini umzubenennen. Für die Feierlichkeiten zu 50/50 wurden bereits 1.7 Millionen USD aus dem Staatshaushalt veranschlagt. Die Erinnerung an die Feierlichkeiten von vor zehn Jahren ist den Menschen noch wach: nicht etwa an die „Einheit, den Frieden, die Stabilität und den Fortschritt, die wir in den letzten 40 Jahren erlebt haben,“ wie König Mswati III. es gerne gesehen hätte, sondern daran, dass im Vorfeld der Feierlichkeiten die Polizei Tränengas und Gummigeschosse auf Demonstranten, die sich in einem zweitägigen Streik für die Demokratie engagierten, feuerte. Damals kostete das Ereignis rund 10 Millionen USD.
Für September 2018 sind wieder Wahlen angesetzt, die nach einem eigenen System, das Tinkhundla heißt, durchgeführt werden. Inkhundla (Plural: Tinkhundla) ist eine administrative Unterteilung, die kleiner als ein Bezirk, aber größer als ein Chiefdom (Umphakatsi) ist. Swasiland hat vier Regionen (Hhohho, Lubombo, Manzini, Shiselweni) und 55 Tinkhundla. Laut Verfassung ist die Regierung ein demokratisches, partizipatorisches, auf Tinkhundla basierendes System, das die Dezentralisierung der Staatsgewalt von der Zentralregierung auf Tinkhundla-Gebiete betont. Wahlen finden zunächst auf Ebene der Chiefdoms statt. Zur Wahl stellen sich Personen als Unabhängige oder Einzelkandidat/innen, die aber von den Chiefs zugelassen werden müssen. Alle Sieger/innen kandidieren dann in den Tinkhundla. Die Person mit der höchsten Stimmenzahl wird schließlich Parlamentarier/in. In der Verfassung werden politischen Parteien explizit nicht zugelassen, obwohl Artikel 25 eine Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit vorsieht. Dieses Regierungssystem wurde von König Sobhuza II 1978 in Kraft gesetzt, nachdem Swasiland am 6. September (Nationalfeiertag) 1968 die Unabhängigkeit von Großbritannien erlangte.
Der Senat von Swasiland ist die obere Kammer des Zweikammersystems, vergleichbar mit dem deutschen Bundesrat, und wird auf fünf Jahre gewählt. 20 seiner Mitglieder werden vom König ernannt, zehn vom Parlament. Mindestens fünf der vom König und mindestens acht der vom Parlament ernannten Senatoren sollen laut Verfassung Frauen sein. Bestimmte Gesetze müssen vom Senat gebilligt werden, um in Kraft treten zu können. Das Parlament hat maximal 76 Mitglieder, von denen maximal 60 in Tinkhundla vom Volk gewählt und bis zu zehn vom König ernannt werden. Kurz vor den Wahlen wurde vom Obersten Gericht festgelegt, dass nach wie vor keine Parteien zugelassen werden.
Weil in der breiten Öffentlichkeit weder das Land noch die dort stattfindenden Menschenrechtsverletzungen bekannt sind und weil durchaus einige kirchliche Strukturen partnerschaftliche Beziehungen zu Swasiland pflegen, hat sich ein Netzwerk gegründet. In den nächsten Monaten soll es darum gehen, das Land mehr in die Öffentlichkeit zu tragen und auch die PolitikerInnen in die Verantwortung zu nehmen, um gegen die andauernden Menschenrechtsverletzungen vorzugehen.
Ein erster Meilenstein dafür war die Veröffentlichung eines Sammelbandes mit dem Titel „Swasiland – Monarchie ohne Menschenrechte“.
Im deutschen Swasiland-Netzwerk beteiligen sich Einzelpersonen sowie folgende Organisationen:
- Amnesty International
- Berliner Missionswerk
- Brot für die Welt - Evangelisches Werk für Diakonie und Entwicklung e.V
- Ev. Luth. Kirchengemeinde St.Marien
- Ev.-luth. Missionswerk in Niedersachsen (ELM)
- informationsstelle südliches afrika ISSA
- Kindernothilfe
- Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika (KASA)
- Partnerschaft Bremervörde-Zeven – KK Igwa
- Partnerschaft Lichtenberg-Oberspree – KK Swasiland