Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

„Alles besser“ – Einblick in das Schulpartnerschaftsseminar „Marikana und unsere Autos. Lieferkettenverantwortung am Beispiel Platin“

Bei dem Schulpartnerschaftsseminar „Marikana und unsere Autos. Lieferkettenverantwortung am Beispiel Platin“, das vom 7. bis 9. Oktober 2019 in Dortmund mit 24 Schüler*innen und zwei Lehrerinnen stattfand, gab Simone Knapp einen ausführlichen Input zu den Wirtschaftsverflechtungen zwischen Südafrika und Deutschland. Sie bettete diese in die Geschichte Südafrikas und die Apartheid ein und ging dabei auch auf die Geschichte der Wirtschaftsverflechtungen ein und darauf, wie insbesondere zu Zeiten der Apartheid deutsche Unternehmen von dem Unrechtssystem profitierten.

Obwohl dies äußerst komplex ist, hörten die Schüler*innen interessiert und erstaunt zu und stellten viele Fragen. Dass sie die Metaebene dessen, was in dem Vortrag vorgestellt wurde, verstanden, spiegelt sich auf sehr beeindruckende Art und Weise in dem Ergebnis des Rap-Workshops, eines der Kreativworkshops, die bei dem Seminar angeboten wurden, mit Frederik Schreiber alias „Schlakks“ wieder:

„Früher war nicht alles besser,

genau genommen, war vieles schlechter:

In Südafrika gab es die Apartheid,

Leute wurden getrennt: Schwarz – weiß.

Als Schwarzer hattest du wenige Rechte,

es entwickelte sich alles ins Schlechte.

Gott sei Dank ist seitdem einiges passiert,

die Apartheid hat sich reduziert.

Nelson Mandela hat sich eingesetzt!

Er hat gesagt: ‚Schwarze – Weiße – gleichgesetzt!‘

Vieles ist besser, auch die Rechte der Frau,

scheint wohl, dass alles besser ist. Genau!

Ja, wenn alles geklärt ist dann … ist der Song vorbei!“

 

Zunächst geht der Rap auf die Zeit vor und kurz nach 1994, dem offiziellen Ende der Apartheid, ein. Es geht um die Trennung Schwarzer und weißer Menschen, die mit der Kolonisierung Südafrikas vor fast 400 Jahren begann und seit 1948 mit der rassistischen Apartheidregierung politisch diktiert wurde. Schwarzen Menschen wurden jegliche Menschenrechte genommen, sie durften sich nicht frei bewegen, sie wurden unterdrückt, gedemütigt, von den herrschenden weißen Eliten verachtet. 1994 war ein großer Wendepunkt: Die Apartheid wurde offiziell beendet, alle Bürger*innen Südafrikas durften zum ersten Mal frei wählen, Nelson Mandela wurde der erste schwarze Präsident. Doch wurde damit alles besser, wie die Schüler*innen im ersten Teil ihres Raps zunächst vermuten lassen? Nein, denn das Unrechtssystem war zwar offiziell beendet, doch durch Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte der Trennung von Menschen hat sich die konstruierte Linie zwischen Menschen zu einer scheinbar unüberwindbaren Grenze manifestiert.

Simone Knapp thematisierte in ihrem Input das Massaker von Marikana am 16. August 2012, bei dem 34 Arbeiter einer Platin-Mine erschossen wurden, als sie für höhere Löhne streikten und welche Bedeutung dabei der deutsche Chemiekonzern BASF als weltweit größter Abnehmer des Platins aus Marikana hat. Alle schauten sich die Bilder der Ausstellung „Wir werden uns Gehör verschaffen! Die Witwen von Marikana kämpfen für Gerechtigkeit“ an. Die Bilder sind Teil eines Kunstprojektes von Frauen, die ihre Ehemänner bei dem Massaker 2012 verloren. In diesem Projekt sollten die Witwen das Erlebte durch Bildermalen aufarbeiten. Die Schüler*innen waren beeindruckt, dass Simone Knapp die Witwen kennt und von persönlichen Begegnungen mit ihnen erzählen konnte. So konnten auch die Schüler*innen einen Bezug zu dem, was in Marikana 2012 geschehen ist, aufbauen. Dies machten sie auch im weiteren Verlauf des Raps deutlich. Hören wir uns an, wie er weitergeht:

 

„Oder? Seid ihr euch sicher, dass alles klappt?

Wenn ja, dann habt ihr falsch gedacht!

2012 war in Südafrika ein ziemlich schreckliches Massaker,

34 Männer wurden umgebracht.

Eine Sache, die für uns keinen Sinn macht!

Sie haben protestiert und gestreikt für einen Lohn,

der für ein besseres Leben reicht.

Das ist das, was sie sich erträumt haben,

doch die Wahrheit ist, dass sie am Ende starben.

BASF interessiert das gar nicht,

weil am Ende immer noch die schwarze Zahl ist.“

 

Der zweite Teil thematisiert das Massaker von Marikana 2012. 34 Männer, die für einen Lohn, der für ihr Leben reichen soll, streikten, wurden umgebracht. Nun kann zunächst der südafrikanische Staat zur Verantwortung gezogen werden für dieses Massaker. Doch wie sieht es aus mit dem weltweit führenden Chemie-Konzern BASF? Müsste er nicht ebenso die Verantwortung für die Ermordeten und die vielen Verletzten übernehmen? „Doch“, so der Tenor der Teilnehmer*innen des Seminars.[1] Es war beeindruckend, wie die Schüler*innen die Informationen zu Wirtschaftsverflechtungen zwischen Südafrika und Deutschland zu Zeiten der Apartheid mit dem Massaker von Marikana verknüpften. Die Verbindung scheint offensichtlich, schaut mensch sich die gesellschaftliche Positionierung der marginalisierten Arbeiter an.

Vielleicht kann der Rap ja im Rahmen der Kampagne „Plough back the fruits“, die eine finanzielle Wiedergutmachung des Massakers von Marikana fordert und jedes Jahr zur Hauptversammlung der BASF geht, dort auch eines Tages den Aktionär*innen vorgespielt werden!

 

 

 


[1] Die Kampagne „Initiative Lieferkettengesetz“, die von der Bundesregierung ein verpflichtendes Gesetz für deutsche Konzerne zur Einhaltung der Menschenrechte entlang ihrer weltweiten Lieferketten fordert, findet das auch und nahm das Massaker von Marikana und die Verbindung zu BASF als eines ihrer Fallbeispiele auf.