Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

BASFs Drohungen gegenüber Lonmin: mehr als heiße Luft?

BASF - Lonmin

„BASF droht Vertrag mit Platin-Zulieferer in Südafrika aufzulösen“, so lautet die Überschrift eines in der Wirtschaftswoche am 27. Oktober erschienenen Artikels. Er fand große mediale Resonanz, nicht nur unter miningmx.com[1], sondern auch in lokalen Zeitungen wie der Rhein-Neckar-Zeitung vom 29.10. mit einem Kommentar unter der Überschrift „BASF erhöht Druck auf Lonmin“. Diese Überschrift der RNZ ist interessant, weil sie auf den Punkt bringt, was die Kampagne Plough back the fruits von Anfang an von BASF fordert: den Druck auf Lonmin zu erhöhen, damit dort Menschenrechte und Umweltstandards eingehalten werden. Wenn die Sache mit der „Erhöhung des Druckes“ stimmen würde, wäre es für unsere Kampagne Anlass zur Zufriedenheit, denn damit hätten wir eines unserer Ziele erreicht. Das wäre für uns eine Art Etappensieg. Aber so einfach ist die Wirklichkeit nicht. Deswegen besteht auch für uns (noch) kein Grund zur Freude.

Zunächst gilt es festzuhalten, dass diese Drohung der BASF nicht neu ist. Wer mit der Delegation der PBF-Kampagne mit dem Ticket des Dachverbands der Kritischen AktionärInnen schon mal bei der Aktionärsversammlung der BASF war, hat sie schon drei Mal gehört: das heißt genauso oft wir auf der Aktionärsversammlung gewesen ist. Bei der diesjährigen Aktionärsversammlung hieß es im O-Ton:

„Wir könnten auch woanders kaufen, wir müssen nicht unbedingt mit denen [Lonmin] zusammenarbeiten. Nur, wenn wir nicht mit denen zusammenarbeiten sind, morgen über 10.000 Menschen auf der Straße, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich weiß nicht, ob das wirklich Ihr Wunsch ist?“. Welche Strategie BASF mit dieser Drohung verfolgt, damit hat sich Jakob Krameritsch im Newsletter 3/2017[2] der Kampagne auseinandergesetzt. Diese Drohung fiel in diesem Jahr, wie in den Jahren davor, immer in einem Zusammenhang, der sich ungefähr so anhörte: „Wir tun etwas Gutes, wir sichern Arbeitsplätze in Südafrika durch unsere Geschäftsbeziehungen, und ihr kommt und kritisiert uns. Was passiert, wenn wir uns zurückziehen?“. Und dies, nachdem Sätze fielen wie: „Wir vertrauen Lonmin, er ist ein zuverlässiger Partner, wir erkennen bei ihm den Willen, Veränderungen herbeizuführen.“

Seit der Aktionärsversammlung im Mai 2017 war nichts von dieser Drohung zu hören, bis einige JournalistInnen der WirtschaftsWoche, einer der wohl wichtigsten business-Zeitschriften im deutschsprachigen Raum, einen Artikel schrieben, der mit der deutschen Autoindustrie und deren Rohstoffpolitik hart ins Gericht geht. Weil darin ein paar unangenehme Fragen gestellt werden, wird wieder die ultimative Drohung herangezogen, um die Debatte über BASFs Verfehlungen im Keim zu ersticken. Demonstrativ will dann die BASF zeigen, dass das Unternehmen sich seit 2012 bemüht, „bessere Arbeitsbedingungen in der Mine durchzusetzen“.

Diese Darstellung ist falsch, weil das erste, was BASF nach dem Massaker gemacht hat, der Versuch war, die Verbindung zu Lonmin zu kaschieren. Jeglicher Hinweis auf Lonmin als Geschäftspartner verschwand. Erst nachdem die PBF-Kampagne diese Verbindung im April 2015 auf der Aktionärsversammlung thematisierte, begannen diese Geschäftsbeziehung und ihre problematischen Seiten zu einem öffentlichen Thema zu werden. Das zeigt deutlich, dass es BASF nicht in erster Linie daran gelegen war, zu einer Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Minenarbeiter beizutragen, sondern unter Beibehaltung der Geschäftsbeziehung das eigene Image zu schützen.

Was im Artikel als „regelmäßige Besuche und Untersuchungen“ dargestellt wird, folgt der gleichen Logik: den Eindruck erwecken, dass man etwas für Veränderungen tut, aber vom Status quo profitieren. Dafür wird viel in die Außendarstellung investiert. Die Besuche in Südafrika und die Meetings mit allen Platin-Produzenten werden großspurig kommuniziert. Instrumente wie die – weiterhin geheimen (!) – Audits werden so konzipiert, dass am Ende die Ergebnisse passen, um weiter „business as usual“ zu betreiben.

Nicht erst jetzt erfährt BASF, dass sich bei Lonmin wenig bis nichts zum Positiven verändert. Weil der Artikel der Wirtschaftswoche diese Tatsache nicht dekonstruiert, entsteht der Eindruck, jetzt sei die Erkenntnis da und jetzt werde gehandelt. So gesehen kann diese Drohung wieder als PR-Aktion betrachtet werden. Mehr als heiße Luft ist wohl nicht drin, Skepsis ist weiterhin angesagt. Es sei denn, BASF hätte inzwischen eine alternative Versorgungsquelle, die es ihr erlaubt, den Image-Schaden angesichts ihrer tatsächlichen Untätigkeit gegenüber Lonmin nicht mehr hinzunehmen.

Im Juni wurde bekannt, dass Norilsk, der größte Nickelproduzent der Welt eine Bindung zu BASF hat[3]. Norilsk ist auch im Platin-Geschäft aktiv. Ob Norilsk im Platingeschäft so aufgestellt ist, dass es schnell als Ersatz für Lonmin fungieren kann, lässt sich nach jetzigem Stand unserer Kenntnisse nicht sagen. Fakt ist, Lonmin hat Argumente auf seiner Seite: Südafrikas enorme Ressourcen mit mehr als 80 Prozent der weltweiten Vorkommen der PMG und die Tatsache, dass das Land eines der attraktivsten Billiglohnländer der Welt ist. Es ist zynisch, aber die Kombination dieser beiden Faktoren gewährt Unternehmen wie Lonmin eine „Wettbewerbsfähigkeit“, von der BASF seit Jahrzehnten profitiert.

Jetzt, wo die Opfer dieses Systems Gerechtigkeit verlangen und Kritik an diesem Modell selbst die Mainstream-Medien erreicht, darf die Antwort nicht darin bestehen zu sagen: „Wir ziehen jetzt nach Russland weiter, wo es weniger zivilgesellschaftlichen Aktivismus gibt und wo wir mit weniger Aufmerksamkeit das gleiche Modell fortsetzen können. Dort ist die rechtliche Situation für NGOs katastrophal, was ihre Kooperation mit ausländischen NGOs erschwert. Wir würden dort unbehelligt die Externalisierung der Sozial- und Umweltkosten weitertreiben.“

Fazit: Die Drohungen der BASF sind entweder heiße Luft oder die Ankündigung einer Verlagerung ihres Geschäftsmodells an andere Orte. Beides ist den langfristigen Interessen des Unternehmens nicht dienlich. Sollte das Unternehmen es doch ernst meinen mit der Nutzung seiner Handlungsspielräume zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen in Marikana, würden wir uns sehr freuen und zu den ersten gehören, die ihm dazu gratulieren.


[1] http://www.miningmx.com/news/platinum/30845-basf-may-end-lonmin-relationship-unless-human-rights-tackled/

[2] http://basflonmin.com/home/wp-content/uploads/2017/07/KASA_2017_MarikanaNewsletter_3.pdf

[3] http://www.mining.com/web/electric-cars-set-worlds-nickel-miners-new-course/