Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

Handreichung mit Impulsen für die Partnerschaftsarbeit mit Schulen im Südlichen Afrika

Junge Menschen sind bereits früh mit Themen konfrontiert, die mit den Beziehungen zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden zusammenhängen: Die Herkunft der Rohstoffe im Handy oder der Jeans, die zunehmende Diversität in der Gesellschaft, der Zugang zu internationalen Medien und Nachrichten, international vernetzte Jugendbewegungen gegen den Klimawandel. All dies stellt Schüler*innen und Lehrer*innen vor die Herausforderung, wie die nötigen Kompetenzen entwickelt werden können, um sich in einer globalisierten und zunehmend komplexen Welt zurecht zu finden. Einen Ansatz bietet das Globale Lernen.

Schulen kommt dabei als bedeutender Lernraum Globalen Lernens ein immer größerer Stellenwert zu. So sollen Schüler*innen gemäß des nachhaltigen Entwicklungsziels 4 der UNO die „notwendigen Kenntnisse und Qualifikationen zur Förderung [einer] nachhaltigen Entwicklung erwerben, unter anderem durch Bildung für nachhaltige Entwicklung und nachhaltige Lebensweisen, Menschenrechte, Geschlechtergleichstellung, eine Kultur des Friedens und der Gewaltlosigkeit, Weltbürgerschaft und die Wertschätzung kultureller Vielfalt“.[1] Weiterhin sollen sie gemäß des Orientierungsrahmens für den Lernbereich Globale Entwicklung der Kultusministerkonferenz (KMK) und des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) aus dem Jahr 2016 Kompetenzen erwerben, um „soziokulturelle und natürliche Vielfalt der [...] Welt [zu] erkennen“, „Globalisierungs[...]prozesse mithilfe des Leitbildes der nachhaltigen Entwicklung [zu] analysieren“ sowie „durch kritische Reflexion zu  [...] Entwicklungsfragen Stellung [zu] beziehen“ und im Sinne der Solidarität und Mitverantwortung im Globalen Wandel zum Handeln bewegt werden.[2]

Das Südliche Afrika ist durch vielfältige historische Beziehungen und aktuelle politische und sozioökonomische Verbindungen mit Europa verknüpft. Der (deutsche) Kolonialismus spielt dabei genauso eine Rolle wie aktuelles Handeln deutscher Unternehmen im Südlichen Afrika. Daher bieten sich Schulpartnerschaften mit dem Südlichen Afrika gut an, um die sonst sehr abstrakte Kompetenzbildung für den Bereich Globale Entwicklung zu unterstützen. Im Zentrum jeder Partnerschaftsarbeit stehen dabei die zwischenmenschlichen Begegnungen und das Lernen voneinander. Schulpartnerschaften schaffen Möglichkeiten für Schüler*innen (und Lehrer*innen!), das eigene Denken zu reflektieren, die eigene Positionierung in der globalisierten Welt zu entdecken und Empathie und Solidarität über Länder- und Kontinentgrenzen hinweg zu entwickeln. Des Weiteren helfen Schulpartnerschaften dabei, einen Perspektivenwechsel im Blick auf den Globalen Süden zu vollziehen, diesen nicht als defizitär wahrzunehmen, Stereotype in Bezug auf das Südliche Afrika und auf Menschen (süd)afrikanischer Herkunft in Deutschland zu überwinden und sich darüber bewusst zu sein, dass 500 Jahre Kolonialismus das Leben und die Sicht auf die Welt sowohl im Globalen Norden als auch im Globalen Süden bis heute prägt. Somit übernimmt eine Schule mit einer Partnerschaft auch Verantwortung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die offene Gesellschaft hier in Deutschland. Das sind viele gute Gründe für eine Schulpartnerschaft mit einer Schule im Südlichen Afrika!

 

Aus den Erfahrungen und Erkenntnissen der KASA in der Partnerschaftsarbeit mit Schulen im Südlichen Afrika ist die Handreichung „voneinander lernen miteinander umzugehen. Impulse für die Partnerschaftsarbeit mit Schulen im Südlichen Afrika“ entstanden, damit diese an Lehrer*innen, Schulleitungen, Eltern und alle Interessierte weitergegeben werden. Die Handreichung basiert unter anderem auf den Ergebnissen eines Vernetzungstreffens für Schulen mit Bezug zum Südlichen Afrika, das am 2. Juli 2019 in der Gesamtschule Freudenberg stattfand. Teilgenommen haben drei Schulen aus Deutschland sowie eine Delegation inklusive des Schulleiters der Leonard Ntshuntshe Secondary School aus KwaGuqa bei eMalahleni (Südafrika), der Partnerschule der Gesamtschule Freudenberg. Ergänzt wurden die Ergebnisse des Workshops aus den langjährigen Erfahrungen der KASA und der KOSA (Koordination Südliches Afrika e.V.) in der Partnerschaftsarbeit mit Ländern des Südlichen Afrika.

Die Handreichung stellt einen selektiven Ausschnitt der Expertise vieler Kolleg*innen und Lehrer*innen in Deutschland und im Südlichen Afrika, die sich mit Schulpartnerschaftsarbeit beschäftigen, dar und versucht mit einer etwas anderen Herangehensweise neue Impulse zu setzen. Neben Fragen zur Arbeit an der eigenen Schule (Wie finde ich eine Partnerschule? Wen muss ich einbeziehen, um eine Schulpartnerschaft aufzubauen?), beinhaltet die Handreichung wichtige Impulse zur Arbeit mit der Partnerschule. Dabei spielen Erwartungen in ungleichen Machtverhältnissen eine zentrale Rolle. Es ist besonders wichtig, sich bereits zu Beginn der Schulpartnerschaft über die Erwartungen bewusst zu sein und diese frühzeitig zu kommunizieren. Bei diesen Austauschprozessen hilft es, sich immer wieder zu verdeutlichen: 500 Jahre europäischer Kolonialismus haben auch in der Kommunikation und der zwischenmenschlichen Begegnung tiefe Spuren hinterlassen. Auf Seiten der Süd-Partner*innen entsteht oft der Eindruck, es den europäischen Partner*innen möglichst recht machen zu müssen - umso stärker wenn diese forsch und dominant auftreten. Erwartungen der Partner*innen aus dem Norden werden außerdem oft als sehr fordernd bei den zukünftigen Süd-Partner*innen wahrgenommen. Nicht selten entsteht so durch gut gemeinte Ideen Druck und Frustration darüber, die Aufgaben mit sehr geringen Ressourcen umsetzen zu „müssen“.

Dringend sollte mitbedacht werden, dass Schulpartnerschaften, die von Europa aus initiiert und finanziert werden, unausweichlich in ungleichen Machtverhältnissen stattfinden: Die europäische Seite entscheidet oft im Alleingang, welche Regeln und Ziele für die Schulpartnerschaft gelten sollen. Selbst wenn es hierfür Beteiligungsmöglichkeiten für die Süd-Partnerschule gibt, so werden spätestens wenn es um den Einsatz von Geldern geht, die Entscheidungen fast immer in Deutschland getroffen. In diesem Sinne wirkt auch hier der Kolonialismus nach. Anstatt dieses Machtgefälle auszublenden ist es besser, sich diesem bewusst zu sein und gemeinsam mit den Partner*innen darüber zu reflektieren, wie damit umgegangen werden könnte.

 

Schulen können sich, um mit diesen Herausforderungen nicht alleine zu sein, an externe Beratungsstellen und Expert*innen wenden. Hierfür sind im letzten Kapitel der Handreichung zahlreiche Beratungsmöglichkeiten mit Kontakten für Erstberatung, Kontaktaufnahme mit einer Schule, Betreuung und Weiterentwicklung einer Schulpartnerschaft im Südlichen Afrika, Erfahrungsberichte sowie viele Links zum Thema Globales Lernen mit Bezug zu Schulpartnerschaften aufgelistet.

Gerne kann sie auch in gedruckter Form bei der KASA bestellt (birgit.albrecht*@woek.de) oder vonder Hopepage herunter lgeaden werden.

 


[1]https://www.bne-portal.de/de/einstieg/was-ist-bne

[2]Der Orientierungsrahmen kann kostenfrei als PDF runtergeladen (https://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2015/2015_06_00-Orientierungsrahmen-Globale-Entwicklung.pdf) oder kostenfrei bestellt werden (https://www.cornelsen.de/produkte/orientierungsrahmen-der-kultusministerkonferenz-orientierungsrahmen-globale-entwicklung-buch-9783060656875).