Vom 23. September bis 21. Oktober 2019 organisierte die EU-Kommission eine Konsultation, um die Verhandlungsrichtlinien für die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit afrikanischen Regionen zu erneuern. Die Veranstaltung war Teil einer Roadmap, an deren Ende sich die EU-Kommission vom EU-Rat ein neues Mandat für eine Vertiefung und Erneuerung der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen sichern wollte, um das Mandat von 2002 zu ersetzen. Für diese Anpassung hatte die EU-Kommission zwei Gründe geltend gemacht:
erstens die Notwendigkeit, die neuen Entwicklungen im handelspolitischen Bereich zu berücksichtigen, wo immer mehr Wert auf Arbeitsnehmerrechte, Umwelt- und Klimaschutz gelegt wird, und
zweitens die Tatsache, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen in vielen Fragen auf das Cotonou-Abkommen verweisen, das 2020 ausläuft – und das Nachfolgeabkommen wird immer noch verhandelt.
Die Werkstatt Ökonomie war mit der Kirchlichen Arbeitsstelle Südliches Afrika an dieser Konsultation beteiligt und ermutigte andere zivilgesellschaftliche Organisationen in Deutschland, sich ebenfalls in den Prozess einzubringen. Unter anderem wurde der Impuls vom Dachverband Entwicklungspolitik Baden-Württemberg (DEAB) aufgegriffen. Insgesamt lässt sich aber sagen, dass der Konsultationsprozess auf wenig Resonanz stieß. Aus allen EU-Ländern haben sich nur neun Organisationen eingebracht; drei davon sind dem NGO-, eine dem Gewerkschafts- und vier dem Wirtschaftssektor zuzuordnen. Deren Beiträge können hier nachgelesen werden:
Diese schwache zivilgesellschaftliche Beteiligung ist vermutlich der für die Rückmeldungen anberaumten kurzen Frist zu schulden. Aber sie kann auch darauf zurückzuführen sein, dass viele zivilgesellschaftliche Organisationen in der EU die Meinung vertreten, dass die EU-Kommission immer schon weiß, was sie will, und wenn sie zivilgesellschaftliche Organisationen konsultiert, dann um die bereits festgelegten Optionen scheindemokratisch legitimieren zu lassen. Organisationen, die so denken, wollen sich nicht von der EU-Kommission instrumentalisieren lassen. Jedenfalls würden sich diese Organisationen durch das am 19. Dezember vom EU-Rat beschlossene neue Mandat der WPAs bestätigt fühlen:
Nicht die Einhaltung der Menschenrechte und der Umweltschutz stehen im Mittelpunkt des neuen Verhandlungsmandats der EU, sondern das Vorantreiben aller Handelsbereiche, gegen die in der früheren Phase der WPA-Verhandlungen die afrikanischen Länder erfolgreich Widerstand geleistet hatten und wofür die EU-Handelspolitik seit CETA steht: Mechanismen zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Investoren und Staat (ISDS), digitaler Handel, Regulierungsinstrumente, Schutz des geistigen Eigentums, technische Handelshemmnisse, sanitäre und phytosanitäre Maßnahmen.
Auf der Grundlage dieses neuen Mandats hat die EU-Kommission am 17. Januar 2020 eine erste Verhandlungsrunde mit der Region Östliches und Südliches Afrika (ESA) organisiert. Die ESA-Region besteht aus vier Inselstaaten und Simbawe. Letzteres steckt in einer tiefen politischen und ökonomischen Krise. Von den vier Inselstaaten sind zwei Least Developed Countries (Madagaskar und die Komoren) und zwei scheinen sich einiges von einer Vertiefung der Zusammenarbeit mit der EU im Dienstleistungssektor zu versprechen: die Seychellen und vor allem Mauritius. Auch wenn diese Region mit dieser Konfiguration von Ländern, die miteinander keine direkten Grenzen haben, verglichen mit allen anderen EPA-Regionen sehr untypisch ist, will die EU-Kommission ein weitreichendes Abkommen mit ihr aushandeln, das als Maßstab für alle kommenden Abkommen auf dem afrikanischen Kontinent dienen soll.
Angesichts dieser neuen Entwicklungen, die mit Simbabwe ein Schwerpunktland der KASA im Südlichen Afrikas betreffen, hat die KASA Kontakte mit Partnern sowohl im Südlichen Afrika als auch in der EU aufgenommen, um über eine Wiederbelebung der StopEPA-Kampagne zu diskutieren. Wie viele andere zivilgesellschaftliche Organisationen in Europa und Afrika sind wir nach wie vor der Meinung, dass die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen die langfristigen Interessen der afrikanischen Länder gefährden und aus diesem Grund gestoppt werden müssen.