Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

„Simbabwe ready for Business“ - Mehr als nur Rhetorik?

Seit Präsident E. Mnangagwa nach dem Militärputsch, der der langjährigen Herrschaft R. Mugabes abrupt ein Ende setzte, an die Macht kam, begleitet ein Motto all seine öffentlichen Auftritte: „Zimbabwe is ready for Business“.

Dies hat er überall wiederholt: ob er beim Weltwirtschaftsforum in Davos war, vor der simbabwischen Diaspora in Südafrika, am Rande des China-Afrika-Gipfels, auf Staatsbesuch in westlichen Ländern oder in Russland sprach. E. Mnangagwa scheint keine Gelegenheit verpassen zu wollen, Simbabwes Bereitschaft für Investitionen zu verkünden. Einige seiner Landsleute empfinden diese Rhetorik mittlerweile als lästig und fragen ironisch, ob es nicht besser wäre,   ihr Land zunächst für Menschenrechte fit zu machen, bevor man anfängt, für Geschäfte die Trommel zu schlagen. Die brutale Repression gegen protestierende Menschen sowohl im August 2018 als auch im Januar 2019 lässt sie an dieser Prioritätssetzung zweifeln. Aber diese unerwartete Reaktion des Mnangagwa-Regimes auf oppositionelle Kräfte ist nicht der einzige Grund, warum diese Rhetorik der Bereitschaft für Geschäfte Mühe hat zu überzeugen. Der Hauptgrund ist im Wirtschaftssektor selbst zu suchen.

Testfall Währungspolitik

Simbabwe befindet sich in einer schweren Wirtschaftskrise, zu der die Regierung selbst durch fiskalische Indisziplin maßgeblich  beigetragen hat (Siehe KASAs Analyse zur Wirtschaftslage in Simbabwe:https://www.kasa.de/kommentiert/detail/simbabwe-nach-der-mugabe-aera-oekonomische-und-politische-entwicklungen/). Die letzte Währungsreform, die die Regierung durchgeführt hat, durch die auf intransparente Weise eine lokale Währung parallel zum seit 2009 als Hauptwährung etablierten US-Dollar eingeführt worden ist, hat fehlgeschlagen. Die hohe Inflation, die in Simbabwe seit dem unrühmlichen Verschwinden des Simbabwischen Dollars im Griff war, ist zurück und zwar mit großer Virulenz. Scheinbar fehlt das Vertrauen in diese neue Währung. Wer in Simbabwe heute über fremde Devisen, allen voran Us-Dollar verfügt, kommt gut weg. Wer nur die lokale Währung hat und das betrifft vor allem die Armen, zahlt in den Restaurants und noch wichtiger in den Supermärkten fast dreimal so viel wie in US-Dollar. Das KASA-Team bereist Simbabwe jedes Jahr seit 2009. Zum ersten Mal sind wir mit zwei Währungen mit unterschiedlichen Werten konfrontiert worden. Es hat ein bisschen gedauert, bis wir uns an das neue Währungssystem gewöhnen konnten. Die Verunsicherung ist im Land deutlich zu spüren, es ist kein Geheimnis, dass die Suche nach US-Dollar intensiv ist und sie betrifft auch die Geschäftsleute. Währungspolitisch hat die Mnangagwa-Regierung eher Instabilität verursacht und diese überträgt sich auf das gesamte makroökonomische Umfeld. Es ist alles andere als eine Demonstration der Anziehungskraft Simbabwes für inländische und ausländische Direktinvestitionen. Die Währungspolitik hat zumindest bis jetzt kein Vertrauen erzeugt, das Investoren überzeugen würde, ohne große Bedenken in Simbabwe zu investieren.

Testfall Bergbausektor

Für den Wiederaufbau Simbabwes wird immer wieder darauf hingewiesen, dass dem Bergbausektor eine zentrale Rolle zukommt, dass das Land in diesem Bereich über ein Riesenpotential verfügt. Die Mission, die das Ministerium für Bergbau und Minenentwicklung für sich definiert hat lautet: „Förderung nachhaltiger Investitionen, Exploration, Bergbau, Wertschöpfung und -nutzung, Marketing und Management von Bodenschätzen zum Nutzen aller Simbabwer.“ Das Ministerium sieht seine Hauptaufgabe in der Generierung von Einnahmen für die Nation Simbabwe durch Bergbau. Bei genauer Betrachtung scheint es, als hätten die aktuellen Eliten Simbabwes kein Interesse daran, Ordnung in diesen Sektor zu bringen. Viele der Gesetze, die nach wie vor angewendet werden, stammen aus den 1960er Jahren. Es ist jene Zeit, als die koloniale Verwaltung darauf ausgerichtet war, lokale Gemeinschaften zu enteignen und sie von jeder Nutzung ihrer natürlichen Ressourcen auszuschließen. Zimbabwe verfügt seit 2013 über eine neue Verfassung, die deutlich progressiver ist, aber die Anpassung der alten Gesetze an der neuen Verfassung lässt in vielen Bereichen auf sich warten. Das betrifft auch die Gesetze im Bergbausektor. Dahinter sehen zivilgesellschaftliche Organisationen, die sich mit natürlichen Ressourcen auseinandersetzen mehr als nur ein Problem eines ineffizienten legislativen Apparats, der sich schwer tut, in Gang zu kommen. Sie sehen darin eine bewusste Entscheidung aktueller Eliten, die von der existierenden Un-Ordnung im Bergbausektor profitieren. Die geltenden Gesetze werden genutzt, um die Rechte lokaler Gemeinschaften mit Füßen zu treten und Profite zu privatisieren.

Bergbauaktivitäten finden an verschiedenen Orten statt, Menschen werden vertrieben, umgesiedelt oder den negativen Effekten des Rohstoffabbaus ausgesetzt, aber die Staatskassen bleiben leer oder werden nur unterproportional an den Gewinnen beteiligt. Einzelne VertreterInnen der Regierung und des Militärs, die in diesem Ressort aktiv sind, haben in den letzten Jahren einen unbeschreiblichen Reichtum angehäuft. Niemand von ihnen wagt es, sein Geld in Simbabwe zu reinvestieren, was das Narrativ „Zimbabwe is ready for Business“ mit Leben füllen würde und zwar von innen. Die parteiinternen Kämpfe innerhalb der Regierungspartei haben sich um den Zugang zu, Kontrolle von und Handel mit wertvollen Ressourcen wie Diamanten, Gold und Platin gedreht. Selbst der Putsch gegen Mugabe im November 2017 wird nicht mehr nur mit politischen Dynamiken innerhalb der Regierungspartei erklärt, sondern mit Mugabes Entscheidung, die verschiedenen vom Militär in Kooperation mit ausländischen Investoren gegründeten Firmen im Diamantensektor aufzulösen, den Sektor zu zentralisieren, um dadurch die Steuerungsfähigkeit des Staates zu erhöhen, wobei unter letzterer möglicherweise einen besseren Zugriff der Mugabe-Familie auf diesen vom Militär kontrollierten Sektor gemeint wurde. Unzufrieden mit dem Verlust ihrer lukrativen Einnahmen entschieden die Generäle, Mugabe zu entmachten und seitdem haben die ihren Zugriff auf den Diamantensektor wieder konsolidiert und sind nicht bereit, Veränderungen zuzulassen, die ihre Machtposition gefährden würden. So operieren im Bergbausektor vor allem vom Militär mit ihren ausländischen Partnern kontrollierten Firmen, auf die das zuständige Ministerium nur begrenzten Einfluss hat.

Diese Un-Ordnung wird von Investoren im Ausland registriert, so die Überzeugung unserer Partner, und sie stehen (noch) nicht in Schlangen vor den Toren Simbabwes und dies trotz der Tatsache, dass Simbabwes Bereitschaft für Geschäfte u.a. dadurch untermauert wird, dass die Regierung Maßnahmen getroffen hat, um das Indigenisierungsgesetz zu verwässern. Es ist jenes Gesetz, das ausländischen Investoren in Simbabwe vorschrieb, ihre Mehrheit (mindestens 51 Prozent) indigenen, also schwarzen SimbabwerInnen, zu überlassen. Ausländer*nnen sollten höchstens 49 Prozent der Anteile haben. Diese gesetzliche Verpflichtung wurde mittlerweile, zumindest theoretisch, aufgehoben, sie soll nur noch in Ausnahmefällen für „leicht“ abbaubare mineralische Ressourcen wie Diamanten und Gold gelten. Und in dieser neuen Wendung sehen die im Bergbaubereich aktiven zivilgesellschaftlichen Organisationen ein Glaubwürdigkeitsproblem für die Rhetorik der Bereitschaft für Geschäfte. Sie argumentieren, dass Investoren es schwer empfinden würden, einer Regierung Vertrauen zu schenken, die einen ihrer zentralen politischen Ansätze so schnell über Bord wirft. Welche Garantie hätten Investoren, dass solch eine Regierung, diesen Ansatz nicht wieder belebt, sobald die Investitionen beginnen, Früchte zu tragen? Diese Kritik zivilgesellschaftlicher Organisationen ist auch darauf zurückzuführen, dass viele dieser Organisationen das Indigenisierungsgesetz in seinen Grundzügen als gut befanden, da es das Potential hat, lokale Akteure mehrheitlich an den  Firmen im Bergbausektor zu beteiligen. Auf diesem Weg könnten Fehlentwicklungen korrigiert werden, die in vielen afrikanischen Ländern zu beobachten sind, in denen nationale Regierungen, abgesehen von Lizenzgebühren und Steuern, die auch in der Regel zu niedrig sind, zusehen müssen, wie sich ausländische Konzerne an nationalen mineralischen Ressourcen bereichern, die sie hundertprozentig kontrollieren. Der Hacken ist Simbabwe war, dass hinter den 51 Prozent indigener Beteiligung eine Strategie der Regierungspartei vermutet wurde, den Zugriff der Parteikader auf die strategischen Ressourcen des Landes zu erleichtern. Dieser Missbrauch eines an sich progressiven Gesetzes hätte durch die Etablierung transparenter Vergaberegeln vermieden werden können. Stattdessen hat die Regierung reflexartig beschlossen, das Gesetz bis auf ein paar Ausnahmen, außer Kraft zu setzen.

Anstatt Vertrauen schafft so eine Inkonstanz eher Verunsicherung.  Diese wird dadurch bekräftigt, dass die simbabwische Regierung in ihrer Offensive für ausländische Direktinvestitionen viele widersprüchliche Signale aussendet. So ist der Abbau von Gold durch Kleinschürfer offiziell verboten, aber die Reserve Bank of Zimbabwe bleibt die Hauptkundin ihrer Beute. Die Regierung hat viele alte Minen aus Sicherheitsgründen für geschlossen erklärt, aber Führungskräfte in Regierung und in Militär betreiben sie weiter und übernehmen keine Verantwortung für die schweren Unfälle, die dort häufig geschehen. Viele Minengesellschaften beschäftigten Menschen für eine gewisse Zeit und lassen sie im Stich nach mehreren Monaten ohne Gehalt, wenn diese Minen angeblich nicht mehr lukrativ sind. Die ehemaligen Minenarbeiter und ihre Familien finden in der Landwirtschaft alternative Überlebensstrategien und realisieren mehr und mehr, dass sie auch ohne die Arbeit in den Minen überleben können. Viele beginnen sich zu organisieren und darüber nachzudenken, von ihrem Recht, nein zu den Bergbauaktivitäten zu sagen, Gebrauch zu machen. Nicht sie sind darauf angewiesen, sondern die Eliten in Regierung und im Militär, die die Gewinne einstreichen.

Insgesamt vermittelt der Bergbausektor in Simbabwe ein Bild von organisiertem Chaos, von dem ein paar Menschen profitieren. Diese setzen alles daran, dass es so weitergeht. So gesehen hält die Rhetorik der simbabwischen Bereitschaft für Geschäfte der Realität nicht stand. Diese ist alles andere als attraktiv für Investitionen. Und der Weg zur Beseitigung aller Hindernisse, die Investitionen im Wege stehen, wird lang sein.