Mit einer sehr gut besuchten Finissage endete am 21. November die Ausstellung Stolen Moments. Namibian Music History Untold. Es beginnt nun Teil zwei der Ausstellungsarbeit, nämlich die Verschiffung nach Namibia und die Kuration der Ausstellung für das Independence Museum in Windhoek, wo aller Voraussicht nach eine Dauerausstellung entstehen soll. Aino Moongo wird diese zusammen mit einer Kuratorin aus dem Museum erarbeiten. Derzeit laufen die Verhandlungen mit dem zuständigen namibischen Ministerium und der Verwaltung des Museums in Windhoek.
Die Finissage hat noch einmal viele Besucher:innen in die Wagenhallen gebracht, und dies trotz verschärfter Corona-Bedingungen. Der Musiker Leon Beukes im Gespräch mit Thorsten Schütte konnte als Zeitzeuge das Leben und Wirken der Bands einerseits und er Menschen in Namibia zur Zeit der südafrikanischen Besatzungsmacht andererseits mit Leben und Geschichten füllen.
Robin Bischoff, Vorsitzender des Kunstverein Wagenhalle, schreibt zum Abschluss der Zusammenarbeit: „Die Ausstellung wurde sehr positiv und mit großer Aufmerksamkeit verfolgt, auch deutschlandweit. Es war uns eine Ehre, dass wir diese Ausstellung, mit einem wie ich finde, gesellschaftspolitisch sehr wichtigen Thema bei uns zeigen konnten.“
Wer sich nun mit diesem Teil der namibischen Musikgeschichte auseinandersetzen möchte, muss nun erst mal mit der einzigen veröffentlichten CD/LP von Ben Molatzi vorlieb nehmen. Oder dann im kommenden Jahr nach Namibia reisen…
Die Ausstellung
Sie nannten sich The Dead Wood, Rocking Kwela Boys, Children Of Pluto, #Kharixurob, Otto Kampari, Strike Vilakazi, Warmgat oder The Dakotas. Sie waren die ungekrönten Popstars ihrer Zeit. Ihre musikalische Bandbreite umspannte alle Musikstile und Instrumente. Doch ihre Songs wurden unterdrückt und verboten. Heute sind sie Lehrer, Busfahrer, Näherinnen oder mittellos, manche sind in der Gosse gelandet, viele bereits verstorben, kaum einer von ihnen macht heute noch Musik.
Stolen Moments ist eine erinnerungsarchäologische Spurensuche. Eine Rekonstruktion von verschollenem Liedgut und Musikgeschichte, die vom unmittelbaren Verschwinden bedroht ist. Eine Begegnung mit dem Namibia aus der Zeit vor der Unabhängigkeit. Eine Sammlung von Geschichten, deren Erzähler schon bald nicht mehr da sein werden, und eine große musikalische Wiederauferstehung all dessen, was verloren gegangen schien.
Aufbauend auf einer mehrjährigen Recherche der Stolen Moments Research Group, und gemeinsam mit noch lebenden namibischen Musiker:innen, schuf die namibische Kuratorin Aino Moongo mit ihrem Team ein multimediales Ausstellungsprojekt, das sich den Geschichten, Erlebnissen und Erfahrungen all derer widmet, die maßgeblich beteiligt waren an der Schaffung namibischer Populärmusik.
Bevor die Ausstellung im kommenden Jahr mit Unterstützung der Namibia-Initiative des Landes Baden-Württemberg endgültig nach Namibia geht, wird sie ein letztes Mal in Deutschland zu sehen sein.
Mittels unterschiedlicher Ausstellungsmodule begegnen wir namibischer Zeitgeschichte, lokalen Musiker:innen, Spielorten, Songs und persönlichen Erinnerungen. So würdigt der Pantheon Of Namibian Music die marginalisierten Bands und Interpret:innen mit Studioaufnahmen und neu gestalteten Plattencovers. In einem Sound Stream hergestellt aus einer Auswahl aus über 100 Stunden Interviews werden die Stimmen der Zeitzeugen im Radio From Outer Space für die die Besucher:innen hörbar. Dance Hall Days dokumentiert in großformatigen Fotografien, was aus den legendären Spielstätten der musikalischen Subkultur wurde. Tanzstile wie Boymasaka, Froggy Froggy oder Langarm werden in der 90minütigen Filmdokumentation Dance Me This wieder lebendig. Darüber hinaus dokumentieren historische Lichtbilder und Filmaufnahmen das Wirken der Künstler:innen und die Lebensumstände im Namibia vor der Unabhängigkeit. Im Archivteil der Ausstellung ist zudem das gesamte Bild-, Ton- und Textmaterial des Projekts physisch und virtuell recherchierbar.
Kuration: Aino Moongo, Sabine Linn, Ulf Vierke
Künstlerische Leitung: Thorsten Schütte
Kontakt: Simone Knapp (Mobil: 01637302888), Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika KASA
Ausstellung gefördert mit Mittel des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg im Rahmen der Namibia-Initiative.
Hergestellt mit Mitteln des Fonds TURN der Kulturstiftung des Bundes und der Carl Schlettwein Stiftung
In Kooperation mit dem Kunstverein Wagenhalle