Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

Namibia

In Namibia ist die Aufbruchstimmung, die 2015 mit der Wahl von Hage Geingob zum Präsidenten verbunden war, mittlerweile verflogen. Die Arbeitslosigkeit, besonders bei der Jugend, bleibt nach wie vor sehr hoch. Dies ruft Perspektivlosigkeit und Frustrationen hervor. Trotz Ressourcenreichtum (Bergbau, Fischerei, Tourismus…) kommt auch in Namibia wenig bei der Mehrheit der Bevölkerung an, während eine kleine Minderheit skandalös reich ist. Namibia gehört zu den Ländern mit der größten Einkommensungleichheit in der Welt (gemessen am GINI-Index) und einer extremen Ungleichverteilung der Vermögen. Die Regierung spürt die Unzufriedenheit, zeigt sich bis jetzt aber nicht in der Lage, Maßnahmen zu ergreifen, die tatsächlich zu einer Lösung beitragen. Daran konnte auch die Ernennung des ehemaligen Bischofs Zephania Kameeta zum Minister für Armutsbekämpfung und soziale Wohlfahrt nichts ändern. Er wollte seine zweijährige Amtszeit nutzen, um das bedingungslose Grundeinkommen einzuführen, für das er jahrelang in zivilgesellschaftlichen Kampagnen gekämpft hatte. Stattdessen versuchte er, sogenannte Food Banks, ähnlich wie die Tafelläden in Deutschland, einzurichten und scheiterte auch damit.

Auch die Landreform kommt nicht voran. Deshalb sah sich die Regierung gezwungen, die aktuelle Landpolitik „willing seller willing buyer“ neu zu überprüfen und Enteignungen in Erwägung zu ziehen. Ob und wann diese Absicht in konkrete Politik umgesetzt wird, bleibt offen. Auf jeden Fall wäre dies eine bemerkenswerte Kehrtwende in der bisherigen Landpolitik Namibias.

Die Erwartungen hinsichtlich der laufenden Verhandlungen zwischen Deutschland und Namibia über Entschuldigung, Entschädigung und Wiedergutmachung wegen des von deutschen Kolonialtruppen begangenen Genozids sind enorm hoch. Es geht dabei vor allem um die Unfähigkeit beider Seiten, betroffene Gruppen mit einzubeziehen. Die Opfergruppen kämpfen um ihre Anerkennung als solche, während die Regierung auf die nationale Einheit pocht. Allerdings geriet Bewegung in die Debatte durch die kompromisslose Haltung der Bundesregierung, sich offen gegen Reparationen auszusprechen, ohne dies mit dem Verhandlungspartner abgesprochen zu haben. Seit Anfang 2020 gibt es außer der Ankündigung, man stehe kurz vor einer Einigung, keine wirklichen Neuigkeiten mehr.

Die Regierungspartei SWAPO verlor bei den Wahlen im November 2019 massiv, was für Namibia völlig neu war. Die Gründe dafür sind vielfältig: Neben der Korruption, deren Thematisierung im Wahlkampf der Regierungspartei schadete, ist es die schlechte Wirtschaftslage, in die das Land auch aufgrund seiner zu starken Verflechtungen mit Südafrika hineingezogen wurde.

Unsere Arbeit ist nach wie vor geprägt von dem Pilotprojekt zum Basic Income Grant (BIG), dessen Ergebnisse wir sowohl im Südlichen Afrika als auch in die europäische Debatte einbringen. Darüber hinaus beobachten wir die offiziellen Verhandlungen zwischen Deutschland und Namibia bezüglich des Umgangs mit dem Genozid.

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