Das zweite Jahr unter erschwerten Corona-Bedingungen ist zu Ende gegangen. Die Menschen hierzulande sind krisenmüde und möchten zurück in den „Normalzustand“ – und sind nun durch den russischen Einmarsch in der Ukraine mit der nächsten Großkrise konfrontiert, deren Folgen bisher niemand abschätzen kann.
Wir freuen uns, dass Sie sich in dieser Situation für die Bildungsarbeit und politische Arbeit der Werkstatt Ökonomie interessieren. Es ist wichtig und lohnt sich, gerade wenn die Aufmerksamkeit der Politiker:innen, anderer Entscheidungsträger:innen oder der Öffentlichkeit weitgehend von den täglichen Nachrichten oder den Informationen über neue Corona-Bestimmungen absorbiert ist.
Die Werkstatt Ökonomie hat es sich zur Aufgabe gemacht, über den eigenen Tellerrand zu blicken und den Blick zu weiten, nicht um die Probleme, mit denen die hiesige Bevölkerung konfrontiert ist, zu relativieren, sondern um ein Bewusstsein für globale Zusammenhänge zu schaffen und zu Lösungsschritten beizutragen.
Eine „Corona-Lücke“ im vergangenen Herbst erlaubte endlich wieder den direkten Kontakt zu Partnerorganisationen im Südlichen Afrika. Auch wenn in Zeiten von Lockdowns und Reisebeschränkungen digitale Kontakte möglich waren und Informationen flossen, halfen das direkte Gespräch und die direkte Anschauung dabei, die aktuellen Probleme dort wahrzunehmen. Die meisten afrikanischen Länder standen nicht im Fokus der Corona-Berichterstattung, weil sie vermeintlich nicht so stark betroffen waren wie Europa. Aber der genaue Blick offenbart, dass auch in Ländern, die keine Corona-Hotspots waren oder sind, die Auswirkungen der Pandemie zum Teil verheerend sind: Es gibt viel Arbeitslosigkeit, weil Rohstoffe und Vorprodukte fehlen, weil Aufträge storniert werden, weil das Transportgewerbe aufgrund geschlossener Grenzen nicht mehr funktioniert. Menschen im informellen Sektor – und davon gibt es viele – sind in keinster Weise sozial abgesichert. Wer bisher als Kleinhändler:in vom Tourismus lebte, steht jetzt mit leeren Händen da. Vielen endemischen Krankheiten im Südlichen Afrika wird nicht mehr die nötige Aufmerksamkeit geschenkt, weil alle auf die Corona-Inzidenzen schauen oder weil Menschen sich aus Angst vor Ansteckung nicht mehr in die Krankenhäuser trauen. In manchen Regionen konnten Kinder monatelang nicht in die Schule gehen. Computer für Homeschooling haben die wenigsten. Die Lernlücken sind kaum wieder zu schließen.
Für Partnerorganisationen der Werkstatt Ökonomie steht zu befürchten, dass zu den längerfristigen Folgen der Pandemie eine Einschränkung ihrer Arbeitsmöglichkeiten gehören wird. „Corona“ gilt einer ganzen Reihe autoritärer Regierungen als willkommene Begründung für die Unterdrückung von Meinungsäußerung, politischer Teilhabe oder internationaler Kommunikation.
Die Sorge um die Partnerorganisationen und die Kommunikation ihrer Anliegen fügt sich ein in die Informations- und Lobbyarbeit der Werkstatt Ökonomie, die sich auch im vergangenen Jahr gemeinsam mit einem breiten Spektrum an Kooperations- und Gesprächspartner:innen, das von Kirchengemeinden, über Solidaritätsgruppen, Lobbyorganisationen bis hin zu Abgeordneten reicht, darum bemüht hat, dass die Wahrnehmung von Problemen und die Suche nach Lösungen nicht an den EU-Außengrenzen haltmacht.
Der Vorstand der Werkstatt Ökonomie dankt den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle für ihre beherzte und ermutigende Arbeit.
Vorwort von Barbara Riek
Inhaltsübersicht
Werkstatt Ökonomie
- Vorwort
- Vision & Mission
- Vorstand und Team
- Die Werkstatt Ökonomie stellt sich vor
- Freiwilliges Ökologisches Jahr
- Rückblick: ausgewählte Veranstaltungen 2021
Wirtschaft & Menschenrechte
- Ein STARKES Zeichen für ein STARKES Lieferkettengesetz: Protestaktion in Heidelberg
- StandarX: Neues Forschungsprojekt geht entwicklungspolitischen Potenzialen von Nachhaltigkeitsstandards auf den Grund
- Sozialstandards und Menschenrechte in der öffentlichen Beschaffung. Synopse
Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika
- Dienstreise 2021: endlich wieder unterwegs im Südlichen Afrika
- Die Ausstellung Stolen Moments – ein Rückblick
Religion und Transformation
- Kirchengemeinden auf dem Weg der Transformation – Projektstart 2021
- „Umkehr jetzt!“: Eine einjährige Weiterbildung mit 18 Multiplikator:innen
- Paradising: Eine neue Sprache für neue Wirklichkeiten
- GreenFaith in Deutschland und international
- Finanzübersicht 2021
- Anhang 1: Publikationen
- Anhang 2: Termine
Bibliographische Angaben
- Werkstatt Ökonomie (2022): Jahresbericht 2021, Heidelberg, März 2021, 24 Seiten + Anhang