Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

Afrika neu denken. Afrika-Diskurs VI: Wissen und Innovationen für gesellschaftliche Transformationsprozesse

Von Beginn an fand die Konferenz „Afrika neu denken“ immer am letzten September-Wochenende statt. 2018 musste aus mehreren Gründen der Termin nach hinten verschoben werden. So fand die Konferenz vom 23. bis 24. November statt. Aufgrund des dichten Veranstaltungskalenders im November war die Resonanz zwar noch zufriedenstellend, aber im Vergleich zu den Jahren davor deutlich geringer. Inhaltlich befasste sich Afrika neu denken 2018 mit dem Themenkomplex „Wissen und Innovationen für gesellschaftliche Transformationsprozesse“, eine Themenauswahl, die von den Teilnehmenden ausdrücklich begrüßt wurde. Begrüßt wurde auch die Tatsache, dass der hohe Frauenanteil unter den Referierenden mit über 90 Prozent kaum zu übersehen war. Aus der Konferenz 2018 ergaben sich neue Kooperationsbeziehungen für die künfige Ausrichtung der Konferenz, welche zu einer Erhöhung ihrer Breitenwirkung beitragen dürften.

Einladungstext zur Konferenz

Afrika als Generator von Wissen und Innovationen? Zugegeben ist es ein Thema, das im Globalen Norden / sogenannten „Westen“ im Allgemeinen und besonders in Deutschland auf schmunzelnde Gesichter stoßen könnte. Nicht aber aus diesem Grund, sondern weil die vor-kolonialen und aktuellen Potentiale, Wissensdynamiken, Entwicklungen und Gegebenheiten auf dem Kontinent und in der afrikanischen Diaspora Anlass dazu geben, widmet sich „Afrika neu denken VI“ diesem Thema.

Der afrikanische Kontinent ist ein Ort der Kreation von Werten und Normen, von Produktion von Wissen, Technik und Innovationen sowie der Balancierung von Gemeinwohl, und dies seit Jahrtausenden. Angesichts der aktuellen Herausforderungen, mit denen sich der Kontinent konfrontiert sieht, stellt sich die Frage, welche Arten und Praxen von Wissensproduktion, -verbreitung und -anwendung es bedarf, damit die Menschen in den verschiedenen Kontexten sowohl auf dem Kontinent als auch in der globalen aktiven Diaspora diejenigen dekolonialen Gestaltungsräume kreieren, die ihnen ermöglichen, entsprechend ihrer genuinen Wünsche und Konzepte zu leben.

Damit der afrikanische Kontinent mithilfe seiner Individuen und Kollektive genuine eigenständige, nachhaltige und innovative Strukturen, Institutionen und Praxen aufbauen bzw. weiterentwickeln kann, die sich von den bisherigen zumeist utilitaristischen kolonialen „Blaupausen“ abheben, ist es von zentraler Bedeutung, dass diese vom Wissen, den Expertisen, Erfahrungen und Praxen von Menschen geprägt und entwickelt werden, die auf diesem afrikanischen Kontinent und in seiner weit verzweigten Diaspora leben und deren vielfältige Wirklichkeiten kennen und wertschätzen, gestalten und weiterentwickeln, sie repräsentieren, verkörpern und transportieren.

Imperiale epistemologische, soziopolitische und ökonomische Ansätze, die lokales Wissen und lokale Innovationskräfte und -potentiale verhindern oder zerstören bzw. ausbeuten, zementieren über 50 Jahre nach den Unabhängigkeiten die Orientierung an verinnerlichten und fortgeführten kolonialen Denk- und Handlungsmustern, -logiken und -praxen vieler Wissens- und Machtstrukturen, Institutionen und Praxen des Kontinents inkl. seiner soziopolitischen und ökonomischen Eliten.

Dadurch wird die globale Weltgesellschaft wichtiger Potentiale für neue Formen von „Demokratie“, „Verantwortlichkeiten“ und „Gerechtigkeit“ beraubt – wie etwa alternativer und „ganzheitlicher“ Formen von „Autoritätsausübung“, Gemeinwohl und „Ökonomie“, die für die Lösung zentraler globaler Herausforderungen der Menschheit – wie etwa Klimawandel, Gewalt und Kriminalität, Zerstörung der Mitwelt, demographischer Wandel, gerechtes / ethisches Wirtschaften, neue Formen von Gerechtigkeit, Transformation des Strafwesens (transformative / restorative justice) – von Afrika ausgehen (können).

Afrika neu denken 2018 will Orte und Repräsentant*innen innovativer und alternativer Wissenskonzepte, -produktionen und Praxen vom Kontinent und aus der afrikanischen Diaspora analysieren und Initiativen in den Blick nehmen, die Innovationen fördern, um einen Beitrag zur Überwindung aktueller Krisen der Menschheit zu leisten. Die Beiträge Afrikas und seiner Diaspora sind in den verschiedensten relevanten Bereichen des menschlichen Daseins zu finden. Wir nehmen uns vor, sie in Erinnerung zu rufen, sichtbar zu machen und Wege für deren Ausbau aufzuzeigen. Somit sind wir im Einklang mit der UN-Dekade für Menschen afrikanischer Abstammung, welche „eine bessere Kenntnis und größere Achtung der Vielfalt des Erbes und der Kultur von Menschen afrikanischer Abstammung und ihres vielfältigen Beitrags zur Entwicklung von Gesellschaften fördern will“. Dazu laden wir Sie herzlich ein.

Jamila Adamou und Dr. Boniface Mabanza Bambu
für den Träger*innenkreis der Konferenz