Bei unserem Besuch beim Centre für Natural Ressource Governance sind mir in den Büroräumen einige Bilder aufgefallen, wovon ich zwei in nähren Augenschein genommen habe.
Das erste Bild zeigt die direkte Auswirkung des Lithiumabbaus auf die Zivilbevölkerung. Die Arbeiter:innen leben in unmenschlichen Behausungen am Rande der Mine ohne irgendwelche sanitäre Infrastruktur. Ende 2023 war im Land sogar die Cholera ausgebrochen und wir erfuhren erst vor Ort, dass die Lage im Moment im Griff sei. Es gibt Impfungen und Medikamente, die diese Krankheit jetzt nicht mehr zur Lebensbedrohung werden lassen.
Auf dem zweiten Bild ist eine Straße in einem desolaten Zustand zu sehen. Die Schwerlasttransporter, die täglich zu hunderten den gewonnenen Rohstoff abtransportieren -
Richtung China, wo die Wertschöpfung stattfindet -, zerstören die wenigen asphaltierten Straßen. Bei anderen Streckenabschnitten wird von den Schotterpisten so viel Staub aufgewirbelt, dass bei Tag das Sonnenlicht gar nicht mehr zu sehen ist. Ich mag mir gar nicht ausmalen, wie hoch hier der Anteil der Menschen mit Atemwegserkrankungen ist. Wahrscheinlich gibt es darüber auch keine genauen Zahlen, denn es kann sich nicht jeder einen Arztbesuch leisten. Wir trafen später auf der Straße in Harare, nicht weit von unserem Gästehaus entfernt, auf einen Mann mit Kopfverletzung, der uns nach Geld fragte, damit er sich medizinisch versorgen lassen konnte.
Wir haben es in Deutschland nicht geschafft, ein effektives Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen und verhindern dies durch unser Abstimmungsverhalten wohl auch auf EU-Ebene. Aber für unsere Energiewende benötigen wir Batterien, die wir aus China beziehen - und darin ist eben genau dieses Lithium verbaut. Nur wie kann man ein chinesisches Unternehmen dazu bewegen, eine unternehmerische Sorgfaltspflicht an den Tag zu legen, wenn wir selbst offensichtlich nicht davon überzeugt sind?
Eine andere für mich erstaunliche Erkenntnis kam bei unserem Treffen mit WeLead Trust. Es ist eine junge Gruppe von Aktivistinnen (ich brauche hier nicht zu gendern, es waren nur Frauen!). Alles sehr eloquente, weltoffene Rednerinnen, die mit ihren Kampagnen versiert auf den Social-Media-Kanälen unterwegs sind. Nach dem offiziellen Teil fragte ich in die Runde, wie eigentlich ihr angestrebtes familiäres Lebensmodell aussieht. Da sagten alle, dass die Ehe mit Hochzeit und allem Drum und Dran immer noch angesagt sei. Und dann erfuhr ich, dass immer noch Lobola (Brautgeld) vom Bräutigam an die Brauteltern zu zahlen ist, selbst bei diesen modernen Frauen, die uns gegenübersaßen! Ihre Männer würden manchmal, aber eher zum Spaß, bei einer Meinungsverschiedenheit anbringen, dass sie ja schließlich für die Frau bezahlt haben und sie sich fügen müsste. Das ist bestimmt für die ein oder andere Frau der bittere Ernst!
Wenn der chinesische Konzern genügend Lobola gezahlt hätte, dann hätte man damit vielleicht ein menschenwürdigeres Arbeits- und Lebensumfeld für die Bevölkerung schaffen können. Oder wurde vielleicht gezahlt, nur dass die Geldempfänger es für andere Dinge ausgegeben haben? Und jetzt können die Chinesen sagen, wir haben gezahlt und dafür bestimmen wir und machen, was wir wollen?