Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

Hamba Kahle Winnie Nomzamo Madikizela Mandela. Lala Ngoxolo!

Am Samstag, den 14. April, nahm Südafrika Abschied von Winnie Nomzamo Mandela. Sie starb im Alter von 81 Jahren. Sie war eine der Hauptidentifikationsfiguren des Anti-Apartheidkampfes. An ihrer Person kann das ganze Spektrum unterdrückerischer Maßnahmen des brutalen Apartheidregimes nachgelesen werden, denn sie hat alles außer Exil erlebt: Gefängnis, Einzelhaft für 491 Tage, Folter, Hausarrest, Verbannung, Dauerüberwachung. Sie hat es während der Apartheidzeit nie leicht gehabt. Sie musste nicht nur von ihrem Mann, Nelson Mandela, sondern auch von ihren zwei Töchtern Zenani Dlamini und Nobutho Zindziswa sehr häufig getrennt leben. In den Tagen zwischen ihrem Tod am 2. April und ihrer Beerdigung am 14.04.2018 ist viel über das Leid  gesprochen worden, das ihr das Apartheidregime zugefügt hat. Die meisten Analysten sind sich darüber einig, dass selbst in Bezug auf die Führungsriege der Befreiungsbewegungen, die im Gefängnis und im Exil war, von einer gewissen Sicherheit und somit von einem gewissen Luxus gesprochen werden kann, wenn man deren alltägliches Leben mit den Strapazen vergleicht, denen Winnie Madikizela Mandela tagtäglich ausgesetzt wurde. 

Trotzdem verlor sie nie ihren Mut. Sie hatte sich vorgenommen, durch ihr mutiges und immer elegantes Auftreten, die Bevölkerung Südafrikas und ihre Freunde und UnterstützerInnen weltweit zu inspirieren und ihre Hoffnung auf Veränderungen in Südafrika aufrechtzuerhalten. Sie war an allen Fronten, vor allem dort wo es brannte. Sie war immer bereit, die ihr vom Apartheidregime auferlegten Grenzen zu überschreiten und Sicherheitskräfte somit herauszufordern. Sie wusste es, die ungünstigsten Situationen für die Zwecke der Befreiungsbewegung zu nutzen. So geschah es, als sie 1977 in Brandfort, einer kleinen Gemeinde in Free State verbannt wurde. Sie nutzte die Zeit dort, um Gemeinschaftsprojekte ins Leben zu rufen, die zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung beitrugen und sie politisierte die Gemeinde, indem sie Aufklärungsarbeit leistete, demonstrativ Apartheidgesetze verletzte, die Konfrontation mit den Sicherheitskräften in Kauf nahm und somit der Bevölkerung unmissverständlich vermittelte, dass es möglich und notwendig war, Widerstand gegen die weiße Willkürherrschaft zu leisten. Sie hat, zusammen mit Erzbischof Desmond Tutu, maßgeblich dazu beigetragen, die Erinnerung an die politischen Gefangenen, darunter Nelson Mandela, lebendig zu halten.  Sie war für eine lange Periode die ranghöchste Politikerin des ANC, die weder im Gefängnis, noch im Exil oder im Untergrund war. Sie war sich dessen bewusst und trat selbst in den 1980er Jahren, als Südafrika in Ausnahmezustand war, öffentlich mit Insignien des verbotenen ANC auf.  Nach der Entlassung der politischen Gefangenen, der Rückkehr der Exilpolitiker und der Aufhebung des Verbots der politischen Parteien, erlebten sie und andere engagierte Frauen eine beispiellose Machtübernahme durch die Männer zunächst in den Parteistrukturen und später auch in der Regierung. 

Für Winnie Mandela persönlich wurde es noch schlimmer: Sie sah sich eine systematischen Demontage und Dämonisierung in und außerhalb der Partei ausgesetzt, an der die Sicherheitskräfte des Apartheidregimes nicht unbeteiligt waren. So ging ihre politische Karriere nach der Befreiung Südafrikas von politischer Apartheid nicht über einen Vizeministerposten und eine Tätigkeit als Parlamentarierin hinaus.  Sie wird von ihren AnhägerInnen die „Präsidentin“ genannt, die Südafrika nie hatte. Sie hatte die von ANC gemachten Kompromisse gegenüber dem Apartheidsregime und dem Westen scharf kritisiert, welche aus ihrer Perspektive ein Hindernis für die notwendige Transformation Südafrikas darstellten. Die sozio-ökonomischen Entwicklungen Südafrikas in den letzten 20 Jahren geben ihr Recht. Mit den Korruptionsskandalen rund um die ANC-Führung wurde ihr Verhältnis zur eigenen Partei immer distanzierter. Dafür entwickelte sie viel Sympathie für die von den Economic Freedom Fighters (EFF) vertretenen Positionen im Blick auf die Landfrage, auf den Bergbausektor, auf die Banken etc…. Die Positionen der EFF sind von einer konsequenten Radikalität geprägt und diese hat Winnie Mandelas Leben bis zu Ende ausgezeichnet hat. Aufgrund ihrer geforderten Radikalität im Umgang mit den Erblasten der Apartheid hat sie viel an Popularität in einem südafrikanischen Kontext gewonnen,  in dem sich die politische Klasse aufgrund ihres vielfältigen Versagens von den Massen entfernt hat. Zu Recht wird Winnie Mandela als Vorbild von vielen sozialen Bewegungen gesehen, die im heutigen Südafrika und über Südafrika hinaus in Afrika aktiv sind. Besonders Frauenbewegungen sehen in ihr eine starke Frau, die nicht nur die Notwendigkeit der Politisierung der Massen verstanden hat, um ein menschenfeindliches Regime herausfordern zu können, sondern auch als eine Frau, die sich geweigert hat, die von Männern definierten Rollen zu akzeptieren. Es sind diese Bewegungen, die sich jetzt zur Aufgabe machen, ihr politisches Erbe angesichts einiger Kontroversen, die ihr Leben in den letzten 25 Jahren begleitet haben, zu verteidigen. Diese Bewegungen erinnern alle, die Winnie Mandelas politisches Erbe angreifen daran, dass der Kampf für die Emanzipation in Südafrika hart war und viele Opfer gekostet hat. Viele der Architekten, Mitläufer und Nutznießer des Apartheidssystems leben noch und genießen nach wie vor ihre Privilegien, während viele der damaligen Opfer von jeglicher Teilhabe ausgeschlossen bleiben. Winnie Mandela hat den Mut gehabt, dies immer wieder anzuprangern. Ihr war klar, dass Südafrikas Befreiung nicht viel Wert ist, solange sich für die Mehrheit der Bevölkerung nichts ändert. Die Tatsache, dass sie selbst in Soweto blieb, und nicht in eins der noblen Viertel Johannesburgs einzog, wie die meisten ANC-PolitikerInnen das taten, hat ihr eine Glaubwürdigkeit verschafft, welche zahlreiche Menschen in Südafrika in den Tagen vor ihrer Beerdigung anerkennend gewürdigt haben. Für die meisten Menschen in Südafrika und in Afrika bleibt sie in sehr guter Erinnerung und sie wollen ihr Engagement für Gerechtigkeit und Frieden fortsetzen.