Kirchliche Arbeitsstelle Südliches Afrika

Sambia und die Schulden – eine endlose Geschichte

Auf dem Finanzgipfel im Juni in Paris hat sich Sambia mit seinen Gläubigern über die lange fällige Umstrukturierung der sambischen Staatsschulden verständigt. Es handelt sich dabei vor allem um Verbindlichkeiten in Höhe von 6,3 Milliarden Dollar. Sambia war 2020 das erste afrikanische Land, das mit seinen Staatsschulden in Verzug geriet, und kämpfte seither in langwierigen Diskussionen um eine Lösung.

Sambia war bereits Teil der Erlassjahr-Kampagne um die Jahrtausendwende und war eines der ersten Länder, das mit der HIPC[1] Initiative Schulden erlassen bekam. Doch die verbesserte Finanzstruktur führte in den Folgejahren auch dazu, dass Sambia wieder kreditwürdig war und auf dem freien Markt vor allem während der Finanzkrise Eurobonds einkaufen konnte. Damit begann der Zyklus von neuem, weil die damaligen Regierungen es versäumten, das Geld so zu investieren, dass daraus Mehrwert für die Zinsen und Tilgung entstehen konnte. Sowohl die sambische als auch die internationale Zivilgesellschaft scheiterte mit ihrer Lobbyarbeit diesbezüglich. Erst die Regierung unter Hakainde Hichilema schaffte den Durchbruch.

Zuvor musste Sambia aber im November 2020 als erstes Land im Kontext der Pandemie seinen Staatsbankrott eingestehen und Schuldendienstzahlungen einstellen.  Im Februar 2021 ersuchte die sambische Regierung als drittes Land nach Tschad und Äthiopien Schuldenerleichterungen im Rahmen des neuen Umschuldungsrahmenwerks der G20, dem Common Framework, um einen raschen Ausweg aus seiner Schuldenkrise zu finden. Sambia war angesichts seiner Schuldenstruktur ein Präzedenzfall für die Glaubwürdigkeit des Umschuldungsrahmenwerks. Nach mehr als zwei Jahren ist es jedoch immer noch nicht zu einer Einigung gekommen. Der Internationale Währungsfonds IWF schätzt einen Schuldenerlassbedarf von mindestens 8,4 Milliarden US-Dollar zwischen 2022 und 2025, das entspricht geschätzten 90 Prozent der Schuldendienstzahlungen in diesem Zeitraum. Internationale Anleger teilten in der Presse mit, dass der errechnete Schuldenerlass nicht akzeptabel sei. Schon 2020 weigerten sich private Gläubiger, ein Schuldenmoratorium zuzugestehen. Ein zentrales Problem ist die für ein einkommensschwaches Land bemerkenswert zersplitterte Gläubigerlandschaft: 24 Prozent der Forderungen werden von Anlegern gehalten, 21 Prozent von multilateralen Entwicklungsbanken, 21 Prozent von ausländischen Banken und 34 Prozent von bilateralen Gläubigern. China ist bei letzteren der mit Abstand größte Gläubiger und hält 26 Prozent aller Forderungen. Die sambische Schuldenkrise wird zum Nebenschauplatz geopolitischer Konflikte: Während China den Einbezug der multilateralen Entwicklungsbanken fordert, weigern sich diese und pochen auf Chinas Verantwortung. Größte Anteilseigner der Weltbank sind die G7-Staaten, vor allem die USA. Schon zwischen 2019 und 2021 mussten die Sozialausgaben um mehr als 20 Prozent gekürzt werden, mit dramatischen Auswirkungen vor allem auf den ärmeren Teil der Bevölkerung. Ohne eine rasche und ausreichende Schuldenregelung wird Sambia in der Krise verbleiben.

Der Ausblick

In den letzten Jahren drohte die Schuldenkrise die Wirtschaft des Landes zu destabilisieren und führte gleichzeitig zu einem noch nie dagewesenen Anstieg der Lebenshaltungskosten, unter andrem, weil die lokalen Währung Kwacha an Wert verlor. Im Juni diesen Jahres schaffte es die Regierung unter Hichilema mit ihren offiziellen Gläubigern eine Umschuldungsvereinbarung zu treffen. Diese soll den Weg für die kommerziellen Gläubiger ebnen, zu vergleichbaren Bedingungen nachzuziehen, so dass Sambias Schulden auf ein tragfähiges Niveau gebracht werden können.

Im Rahmen dieser Vereinbarung wird Sambia in der Lage sein, seine Schulden so umzustrukturieren, dass die Rückzahlung von 6,3 Mrd. USD - einschließlich 1,3 Mrd. USD Rückständen der Auslandsschulden von insgesamt 18,6 Mrd. USD - über einen Zeitraum von 20 Jahren umgeschuldet wird, wobei in den ersten drei Jahren nur Zinsen  und keine Tilgung fällig werden. Diese Vereinbarung ermöglicht es dem Land, sich auf die wirtschaftliche Erholung und das Wachstum durch die Entwicklungsagenda zu konzentrieren.

Es bleibt abzuwarten, ob sich die Umschuldung auf das Leben der Menschen auswirken wird. Seit vielen Jahren fürt Jesuit Centre for Theological Reflection JCTR eine monatliche Berechnung der Lebenshaltungskosten durch, das Basic Needs and Nutrition Basket[2], das in 16 Städten die kosten für eine fünfköpfige Familie berechnet. Demnach lagen die Lebenshaltungskosten mehr als ein Drittel über dem nationalen Durchschnittseinkommen, in der Hauptstadt Lusaka fast doppelt so hoch.

Derzeit lähmt die Schuldenlast den Staatshaushalt und macht Investitionen in die Infrastruktur und in Sozialausgaben schwierig. Mit der Umschuldung verfügt die Regierung nun über die nötige Elastizität, um Ressourcen für diese Schlüsselbereiche zuzuweisen, was zu einer Verbesserung der Lebensbedingungen führen wird. Gleichzeitig könnte sich der Kwacha stabilisieren, was wiederum zu einer niedrigeren Inflation und erschwinglichen Preisen führen würde.

Es gibt noch mehr zu tun

Das Umschuldungsabkommen ist nicht das Allheilmittel für die wirtschaftlichen Herausforderungen vor denen Sambias steht. Die Regierung  muss erhebliche strukturelle und administrative Probleme bewältigen, bevor sie nachhaltige Wirtschafts- und Entwicklungsziele in der gegebenen tilgungsfreien Zeit erreichen kann. Die Produktivität und Wertschöpfung müssen gesteigert werden, um mehr Einnahmen aus eigenen Ressourcen zu erzielen. Das Land muss das schlechte Schuldenmanagement überwinden und Verschwendung von Ressourcen durch Korruption, Finanzkriminalität und illegale Finanzströme beenden.

Auch wenn der Fall Sambia und die Vorgehensweise von Präsident Hichilema durchaus lehrreich für die Umschuldung auch anderer Länder sein kann, so darf nicht vergessen werden, dass das internationale System Lücken aufweist. Dazugehören intrasparente Staatsanleihen oder Lücken in der Dokumentation von Staatsanleihen, so dass es Gläubigern möglich ist, aggressive Rechtsstreitigkeiten zu führen oder Verhandlungen auszusitzen.

[1] https://www.bmz.de/de/service/lexikon/hipc-initiative-14482

[2] https://www.jctr.org.zm/bnnb