Shout with us!1 Neue Kampagne zur bedingungslosen Anerkennung des deutschen Genozids in Namibia im Aufbau.
Eines der Ergebnisse der Afrika Neu Denken (AND) Konferenz von 2022 war, dass es eine neue Kampagne in Deutschland braucht, die die deutsche Regierung dazu bringt, Verhandlungen mit Namibia bezüglich Wiedergutmachung angesichts des ersten Genozids des 20. Jahrhunderts wiederaufzunehmen.
Die Kampagne „Völkermord verjährt nicht“ hat es geschafft, überhaupt die Aufmerksamkeit auf die kolonialen Verbrechen und den Genozid an den Ovaherero, Nama und Damara zu lenken und die erste Runde der Verhandlungen mit bewirkt. Was sie nicht geschafft hat ist, dass die betroffenen Opfergruppen mit am Tisch sitzen konnten. „Nothing for us without us“ fand kein Gehör, weder auf deutscher noch auf namibischer Regierungsseite.
Nun ist es an der Zeit, den Faden wieder aufzunehmen und eine neue Kampagne gemeinsam mit den offiziellen Vertreter:innen der Opfergruppen zu starten. Dabei geht es um nicht weniger als die formale und juristische Anerkennung des Genozids durch die Bundesregierung mit all ihren Folgen, auch finanziellen und auf der namibischen Seite um die Einbeziehung der als legitim anerkannten Vertreter:innen der Ovaherero und Nama in die Verhandlungen.
Auf deutscher Seite wollen wir uns breit aufstellen, nicht nur die einschlägigen Netzwerke, NGOs und die seit Jahren aktiven Wissenschaftler:innen, sondern auch postkoloniale Gruppen außerhalb Berlins, aktive Einzelpersonen und migrantische Gruppen sollen mobilisiert werden. Denn gelingt diese Kampagne, dann hat sie Signalwirkung auch auf andere koloniale Verbrechen und Genozide, weit über Deutschland hinaus.
Es soll sowohl auf namibischer Seite als auch hier in Deutschland eine Koordinationsstelle geben, die ermöglicht, dass gerade ehrenamtlich engagierte Menschen sich einbringen können. Gleichzeitig soll auch diese Koordinationsstelle als zentrale Anlaufstelle dienen, die eine effektive und breit gefächerte Kampagne braucht.
Die wichtigsten Ziele der Kampagne sind zunächst die vollständige Anerkennung des Völkermordes durch die Bundesregierung, wobei der Prozess opferzentriert sein muss.
Als Folge der Anerkennung bedarf es einer Wiedergutmachung, die von den Opfern als solche definiert und akzeptiert wird. Dazu gibt es bereits detaillierte Vorschläge, die etwa bei der AND-Tagung diskutiert wurden.2 Es sollen Plattformen geschaffen werden, auf denen die Opfergruppen ihre Vorstellungen von Wiedergutmachung darlegen können. Es braucht einen breiten gesellschaftlichen Austausch darüber sowie eine Strategie für eine solche Bewusstseinsbildung.
Die Kampagne will einen Rahmen schaffen, der rechtliche und politische Maßnahmen sowie die Bewusstseinsbildung innerhalb unserer Gesellschaft miteinander verbindet. Die verschiedenen Aktionen können sich aufeinander stützen.
Diese Kampagne will sich progressiv und realistisch sein. Für die Verwirklichung der Ziele wird zunächst ein Jahr veranschlagt, vielleicht mit einem Auftakt am 12. April, der für die Nama und Ovaherero eine wichtige Rolle spielt: Am 12. April 1893 fand das Hornkranz-Massaker statt, bei dem die Deutschen das Lager des Nama-Kapitäns Hendrik Witbooi überfielen. Das Massaker gilt als das schwerste Verbrechen an den Nama, mit eindeutigen Vernichtungsabsichten der Witboois. Für 2024 ist an diesem Tag in Namibia geplant, das zerstörte Genozid-Mahnmal auf Shark Island wieder aufzubauen. Die namibische Kampagne möchte diesen Tag langfristig als Genozid-Gedenktag für die Ovaherero und Nama etablieren – auch für Deutschland ein weiteres mögliches Kampagnenziel.
[1] Zitat aus der Rede von Mokweni Evelyn Mswetsa Kamburona beim ADN 2022
[2] https://www.kasa.de/fileadmin/user_upload/Doku_AND_Entwurf_kor3.pdf